22.12.2006

Back to the basics

Die letzten Tage waren wirklich stressig für das gesamte Team. Zu der enormen Hitze kommt nun auch der psychische Stress
ausden täglichen Einsätzen in den Dörfern. Meistens stehen wir schon um 6 Uhr auf, um uns zu duschen und etwas zu
frühstücken. Das Frühstück ist allerdings recht bescheiden. Etwas Tee und Kaffee, bei dem man allerdings nur am Geruch
unterscheiden kann, welchen man sich gerade eingießt, Weißbrot und etwas zerschmolzene Butter. Das war es. Danach wird der
Landcruiser bepackt. Zuerst wird der Dachgepäckträger mit verschiedenen Kisten bepackt, dann kommen noch Stühle, Tische und
Betten auf das Dach. Das sieht aus, als wollten wir für drei Monate in den Urlaub fahren. Punkt 8 Uhr geht es dann für das
medizinische Team ins Feld. Die letzten zwei Tage war es jeweils eine Fahrt von 45 Kilometern. Wobei die Kilometer hier
wirklich nichts über die Dauer einer Fahrt sagen. Manchmal braucht man für einen 15 Kilometer langen Feldweg länger, als für
100 Kilometer auf einer geteerten Straße.

Draußen werden dann den ganzen Tag lang Patienten registriert, danachwerden sie gewogen, Temperatur und Blutdruck gemessen,
bevor es dann zum Arzt geht. Wir haben zwei Ärzte mit, Robert und Jamal. Sie erstellen dann eine Diagnose und schreiben die
benötigte Medizin auf.

In unserer Apotheke bekommen die Patienten dann ihre Medikamente. Die Medikamente müssen abends noch eingetütet werden. In
den letzten Tagen war dies eine sehr belastende Arbeit für alle. Nach einem langen Arbeitstag noch bis 22 oder 23 Uhr die
Medikamente für den nächsten Tag einzutüten. Zusätzlich müssen noch die Kisten mit Verbrauchsmaterialien gepackt und
aufgefüllt werden. Alle arbeiten hier am Limit ihrer körperlichen und psychischen Grenzen. Die Arbeit im Feld, wie wir unter
uns Rotkreuzlern sagen, ist nicht zu vergleichen mit der Arbeit in einem Krankenhaus oder einer Arztpraxis. Erst einmal
heißt es "back to the basics". Es gibt keine elektronischen Gerätschaften, man kann nur auf das Nötigste zurückgreifen.
Am Tag werden so 150-200 Patienten versorgt. Von insgesamt zwei Ärzten und vier Schwestern. Man kann noch nicht einmal von
einem ganzen Tag sprechen, da die Anfahrt schon 1 1/2 Stunden dauert und die Rückfahrt ebenfalls.

Ich arbeite nach wie vor überall mit wo ich kann. Meine Aufgabenfelder haben sich allerdings dadurch reduziert, dass wir in
einer festen Unterkunft wohnen und auch mittlerweile Strom von einem Generator geliefert bekommen. So habe ich mich mit um
die spanische Wasseraufbereitung gekümmert und diese mit Rat und Tat unterstützt. Wir haben Wassertanks in
Camps aufgebaut und den Einwohnern erklärt, wie diese aufzubauen sind. Um das Wasser aus diesen Plastikblasen entnehmen zu
können, muss dies nämlich auf einem Podest in ca. einem Meter, wenn möglich höher stehen.
Sonst fließt kein Wasser aus dem Behälter. Unsere Tapstands (zu Deutsch: mehrere Wasserhähne an einem Stahlrohr befestigt)
müssen immer tiefer liegen als der Wasserbehälter. Gestern wollten wir diesen Wasserbehälter mit Wasser füllen. Leider hat
der Wasser-Lkw unser Wasser nur bis ca. 500 Meter vor sein Ziel gebracht. Dann ist er mit 18.000 Litern Wasser im Schlamm
stecken geblieben. Alle Bemühungen, ihn wieder aus dem Schlamm zu befreien, sind letztendlich gescheitert. Am Nachmittag
haben wir uns dann mit unseren zwei Fahrzeugen zur Rettung des Wasser-Trucks aufgemacht. Hier hat sich einmal wieder unser
Fahrzeugkonzept bewährt. Alle Fahrzeuge sind Allrad betrieben und haben eine Seilwinde. Wir haben beide Seilwinden mit
jeweils einer Umlenkrolle an dem Wassertruck befestigt, dann die Landcruiser von hinten an Bäumen abgesichert. Auf Kommando
haben wir die beiden Seilwinden gleichzeitig in Betrieb genommen. Zur Sicherheit haben wir die Motorhauben und die
Fahrertüren geöffnet. Wenn so ein Stahlseil einmal reißt, kann man nur hoffen, dass dieses einen ein wenig schützt. Langsam
konnte man Bewegung im Wasser-Truck sehen. Er bewegte sich Stück für Stück aus dem Schlamm, bis er schließlich nach einiger
Zeit komplett befreit war. Dies geschah natürlich unter den kritischen Augen aller Bewohner der Camps. Zum einen aus Neugier
zum
anderen wahrscheinlich zum Zeitvertreib.

Heute wurde das Camp aber endlich mit Wasser beliefert. Morgen wird das nächste Camp folgen.

Das Kenianische Rote Kreuz ist durch seine Stärke eine wirkliche Hilfe. Dass ich dadurch wenig zu tun habe, ist für mich
kein Problem. Es ist gut, dass die Menschen versuchen, sich selbst zu helfen. Mein Einsatz wird deshalb auch kürzer
ausfallen als ursprünglich geplant. Das Medical Team bleibt aber nach wie vor hier und wird seine Arbeit bis auf weiteres
fortsetzen.

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