18.12.2006

Geduld gehoert in Afrika zum täglichen Leben

Heute haben die Medical Teams ihre Arbeit aufgenomen. Das Deutsch/Schweizerische/Kenianische Team untersucht und behandelt seit heute morgen die Bewohner eines Flüchtlingscamps, ca. 10 km entfernt von Bura. Das finnische Team fährt in einen anderen Bezirk. Das japanische Team deckt die Küste von Kenia ab.

Die nahegelegene Schule, in die das deutsche Team heute gefahren ist, wird zur Zeit nicht benutzt. So konnten wir hier eine feste Unterkunft für die medizinische Versorgung einrichten und mußten nicht auf Zelte ausweichen. Die Warteschlangen sind schon am frühen Vormittag so lang, dass heute nicht alle Patienten untersucht und behandelt werden können. Morgen, vielleicht auch übermorgen, werden wir erneut in dieses Gebiet fahren und weitere Patienten versorgen.

Das Wetter macht uns Europäer doch ganz schön zu schaffen. Morgens um 7 Uhr sind es schon 27 Grad im Schatten bei fast 100 Prozent Luftfeuchtigkeit. In der Nacht kühlt es nur unmerklich ab, so dass man am besten ohne Decke in seinem Moskitodome schläft und sich so wenig wie möglich bewegt. Tagsüber endet jede größere Bewegung in einem nicht mehr enden wollendem Schweißausbruch. Mich beruhigt nur, dass die Kollegen vom Kenianischen Roten Kreuz aus Nairobi dasselbe Problem haben. Nairobi liegt viel höher als Bura. Ich glaube, es gibt einen Höhenunterschied von mehr als 1000 Metern. Wir liegen hier auf ungefähr 200 Metern über NN. Der Äquator ist ca. 34 Minuten von hier entfernt. In Nairobi ist es also viel kühler und es weht vor allem immer ein angenehmer Wind.

Die meist weiblichen Patienten mit ihren Kindern stehen geduldig an der Tür mit der Aufschrift "Registration". Hier werden die Patientendaten aufgenommen und der Grund ihres Besuches registriert. Bevor Sie zum Arzt kommen, müssen sie sich erneut geduldig anstellen. Ich glaube, bei uns in Deutschland hätten sich schon viele an der Anmeldung beschwert, warum man mehr als zwei Stunden warten muss. Hier ist man überhaupt froh, dass die "Musungos", so werden wir hier genannt, die betroffene Bevölkerung medizinisch versorgt.

Zur nächsten Stadt ist es mehr als drei Stunden zu laufen. Die nächste Wasserstelle ist nur in einem längeren Fußmarsch zu erreichen. Kaum einer kann sich vorstellen, dass es sich den ganzen Tag nur darum dreht, Wasser zu besorgen, Feuerholz zu sammeln, die Felder zu bestellen und zu ernten oder das Vieh zu hüten.

Das Spanische Rote Kreuz hat heute damit angefangen, Wassertanks in den Camps aufzubauen. Heute nachmittag wollen sie mit der Wasseraufbereitung beginnen. Die Camps werden dann durch Wassertanker mit frischem Trinkwasser beliefert.

Helene, Eva und Robby sind froh, endlich mit der Arbeit begonnen zu haben. Helene ist eine Krankenschwester aus der Schweiz, Eva ist von Beruf Hebamme und Robby ist Arzt. Das Team wird von unseren kenianischen Kollegen vom Roten Kreuz mit jeweils einem Arzt und zwei
Krankenschwestern oder Helfern mit medizinischem Hintergrundwissen unterstützt.

Das Ziel ist es natürlich, das Kenianische Rote Kreuz durch Ausbildung und neuem Material weiter zu stärken. So bleibt das Gesundheitszentrum komplett nach diesem Einsatz in Kenia. Deshalb sind von Anfang an in jedem Bereich kenianische Helferinnen und Helfer an der Seite ihrer ausländischen Kollegen.

Das Kenianische Rote Kreuz erkundet weiter die Lage in den überschwemmten Gebieten. Gestern wurde uns von einem Dorf berichtet, in dem die Bewohner teilweise auf den Bäumen leben, weil ihr Land überflutet ist. Diese Gebiete kann man allerdings nur zur Fuß erreichen.
Die Wege sind so schlammig, dass selbst unser sehr gut ausgerüsteteter Land Cruiser mit einer pneumatischen Differentialsperre nicht mehr weiter kommt. Einen Tag zuvor haben wir erst einmal zwei Autos mit den Fahrern zurücklassen müssen, weil sich beide Fahrzeuge auf dem Rückweg von einer Besprechung in Bura festgefahren hatten. Auf dem Hinweg war der Weg noch passierbar. Im Laufe des nachmittags hatte es aber so heftig geregnet, dass sich die Straße in ein einziges Schlammfeld verwandelt hatte. Mit viel Aufwand und Geduld gelang es uns dann, die Autos wieder aus dem Schlamm zu befreien.

Unsere Kollegen vom Britischen Roten Kreuz kümmern sich um unsere Versorgung mit Diesel, Essen, Getränken, Obst und allem, was für den reibungslosen Einsatz von Nöten ist. Die nächst größere Stadt, in der diese Dinge gekauft werden können, ist die 70 km entfernte Stadt Garissa. Die sogenannten BritLOGs ( Britisches Logistik Team) haben sich auch schon um den Transport unseres Materials von Nairobi nach Bura gekümmert.

Die Fahrt von Nairobi nach Bura hat übrigens neun Stunden gedauert. Das letzte Stück von Garissa nach Bura hat am längsten gedauert, da die Straße an vielen Stellen nicht mehr existierte und man auf Feldwege oder überflutete Wege ausweichen musste. Da man nie genau einschätzen konnte, wie tief der Schlamm oder das Wasserloch sein würde, musste immer jemand diesen unbekannten Bereich zu Fuß durchlaufen.

Dass dies sinnvoll ist, hat sich schon einige Male hier in der Region gezeigt.

Unsere Unterbringung konnten wir glücklicherweise in Häusern organisieren. Wir haben ein Dach über dem Kopf und es ist für Afrika eine sehr gute Unterkunft. Wenn man es mit deutschen Hotelkategorien vergleichen sollte, wäre es wohl ein viertel Stern. Nachts schlafen wir zwar in unseren Moskitodomen, um uns vor Stechmücken zu schützen, man weiß aber, dass man nie alleine im Zimmer ist. Angefangen von Kröten im Miniformat bis zur Kröten in XXL-Format über Insekten in allen Größen und Gattungen bis hin zu Gekkos und anderem Getier.

Käfer sind hier so groß wie bei uns kleine Mäuse, wenn man von einer Heuschrecke angesprungen wird, tut es schon ein wenig weh, so groß sind sie. Läßt man abends das Licht brennen, dauert es keine zehn Minuten und man kann die Hand vor Augen nicht mehr sehen, so viele Insekten tummeln sich um das helle Licht. Deshalb essen wir oft auch im Dunkeln. Dies hat
dann allerdings zur Folge, das man den einen oder anderen Käfer oder Insekt mitisst,welcher sich auf den Teller verirrt hat.

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